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GROPIUS BAU
Hella Jongerius:
Woven Cosmos, 2021
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In vielen Kulturen ist das Weben und das Spinnen Sinnbild für das Schicksal und den Moment, an dem die Fäden des Lebens entstehen und abgeschnitten werden. In vielen Entstehungsgeschichten der Welt sind Himmel und Erde durch Garne verbunden, wie ein Netzwerk, das den Kosmos zusammenhält. In diesen Geschichten offenbart das Drehen der Spindel, wie das Kreisen des Mondes um die Welt und die Welt um die Sonne, die Geheimnisse der Zeit. Der Wechsel von Sonne und Mond am Himmel ist ein Bild für den Kreislauf von Leben und Tod. Im Zeitalter des Anthropozän weben nicht mehr nur Sonne, Mond und Wetter, auch die Menschen bewegen die Spindeln und üben so einen Einfluss auf die Umwelt aus. Jongerius beschäftigt sich in der Installation Cosmic Loom mit der Idee, eine neue Textur der Welt zu weben: ein Textil, das Geist und Materie verbindet. Die Fäden des Cosmic Loom verweisen auf die sieben Wochentage. Der Donnerstag und der Samstag und die damit verbundenen Planeten Jupiter und Saturn nehmen eine besonders wichtige Rolle in der Installation ein. Diese Tage, wie auch die verwendeten Fasern und Farben, wurden vor der Ausstellung zusammen mit Schamaninnen im Gropius Bau ausgesucht, deren Verständnis von astronomischen und spirituellen Kreisläufen der Zeit in diese Arbeit eingeflossen ist. [...]
Vor allem das westliche Denken bricht Prozesse auf Kategorien und Regeln herunter, die einem kreisförmigen Planeten eine lineare Logik aufzwingt.
Für Woven Systems hat Jongeriuslab mit Garnen, Bindungen und Texturen und der grundlegenden Logik des Webens experimentiert – Fäden, die sich in einem Raster überkreuzen. Die Serie ist ein Spiel mit transparenten und dichten Schichten. Diese ergeben immer wieder neue Bilder und Zusammenhänge, je nachdem, von wo aus die Arbeiten angesehen werden. Jongerius ist von der Starrheit des Webens fasziniert, welches sie als Sinnbild nimmt, über Systeme, Gitter, Schichten und Verbindungen nachzudenken. Vor allem das westliche Denken bricht Prozesse auf Kategorien und Regeln herunter, die einem kreisförmigen Planeten eine lineare Logik aufzwingt. Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt sind mehr und mehr voneinander abhängige Systeme, die ein großes Ganzes bilden. Die Gesundheit des einen beeinflusst die Vitalität des anderen. Nahrungsmittelketten, Wettersysteme, Modezyklen oder Kunstnetzwerke sind alle miteinander verbunden. Für Jongerius erzeugen Systeme im Entwurfsprozess Bedeutung, können aber zugleich einengen und einschüchtern. Sie fragt danach, wie wir uns zu diesen Netzwerken von Verbindungen verhalten, die sich unserer Kontrolle entziehen.
In vielen Arbeiten beschäftigt sich Jongerius mit Tieren und dem ungleichen Verhältnis, das Menschen zu ihnen schaffen. Für sie würde die Abschaffung der herrschenden Hierarchisierung zwischen Menschen, Pflanzen, Tieren und Gegenständen eine heilende Wirkung haben. Gegenständen kann die Fähigkeit zugesprochen werden, dass sie das ausdrücken, was unsagbar oder unaussprechlich ist. Mit dieser Eigenschaft werden sie zu stummen Partner*innen, sie werden aktiviert und dadurch zu Katalysatoren und Protagonist*innen. Viele Tiere in Jongerius Arbeiten wirken freundlich, sie sind oft naturgetreu nachgebildet und mit Gegenständen, wie einem Tisch oder – in der neuesten Serie – einer Vase, verbunden. In der Serie Angry Animals bringt Jongerius jedoch die zunehmend prekäre Situation der Tiere zum Ausdruck und kritisiert ihre Objektifizierung.
translation In numerous cultures, weaving and spinning symbolise fate, the moment when the threads of life are either shaped or cut. According to various creation stories, heaven and earth are connected by yarn, resembling a network that holds the cosmos together. In these stories, the turning of the spindle, like the circulation of the moon around the earth and the earth around the sun, reveals the mysteries of time. The interplay of the sun and the moon represents the cycle of life and death. In the Anthropocene epoch, the sun, moon, and weather are no longer the only weaving forces at work; humans also turn the spindles, thereby influencing the environment. With the installation Cosmic Loom, Jongerius explores the idea of weaving a new texture of the world: a textile that connects mind and matter. The threads of the Cosmic Loom refer to the seven days of the week. Thursday and Saturday and their associated planets Jupiter and Saturn play a significant role in the installation. Before the exhibition, the fibres and colours were chosen with shamans inside the Gropius Bau—their understanding of astronomical and spiritual cycles of time was thus incorporated into this work. [...] |
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GROPIUS BAU
Hella Jongerius:
Woven Cosmos, 2021
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excerpt In numerous cultures, weaving and spinning symbolise fate, the moment when the threads of life are either shaped or cut. According to various creation stories, heaven and earth are connected by yarn, resembling a network that holds the cosmos together. In these stories, the turning of the spindle, like the circulation of the moon around the earth and the earth around the sun, reveals the mysteries of time. The interplay of the sun and the moon represents the cycle of life and death. In the Anthropocene epoch, the sun, moon, and weather are no longer the only weaving forces at work; humans also turn the spindles, thereby influencing the environment. With the installation Cosmic Loom, Jongerius explores the idea of weaving a new texture of the world: a textile that connects mind and matter. The threads of the Cosmic Loom refer to the seven days of the week. Thursday and Saturday and their associated planets Jupiter and Saturn play a significant role in the installation. Before the exhibition, the fibres and colours were chosen with shamans inside the Gropius Bau—their understanding of astronomical and spiritual cycles of time was thus incorporated into this work. [...] |
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